Die Geschichte des Karneval
Ab dem 11. November um 11:11 Uhr gehört die Zeit in den Narrenhochburgen dem Karneval. Eine Party jagt die nächste, kostümierte Jecken sprühen vor Ausgelassenheit. Am Rosenmontag erreicht das Narrenfest seinen Höhepunkt, am Faschingsdienstag toben sich die Jecken noch mal aus, bevor am Aschermittwoch der Frohsinn ein Ende hat.
Ob Karneval, Fasching, Fassenacht, Fasnet oder Fastnacht *) - egal wie das ausgelassene Kostümfest heißt: Die närrische Zeit feiert man nicht nur bei uns, sondern in vielen Teilen der Welt. Auch in Brasilien und auf Kuba verkleiden sich die Menschen, tanzen auf den Straßen und veranstalten kilometerlange "närrische" Umzüge.
*) op Eschelder Platt (Uersfelder Dialekt) "Fassenechje" > Link: "Wietaboch " (Wörterbuch) von Uersfeld
Doch warum feiert fast die ganze Welt Fasching? Und wie alt ist die Karnevalsgeschichte und wo hat der Karneval seinen Ursprung?
Schon die alten Germanen trugen Masken und Tierfelle, um mit viel Mummenschanz die bösen Geisterwesen zu vertreiben und die guten Geister zu erwecken, damit sie den Frühling bringen. Der Ursprung vom Fasching war früher ein christliches Fest und beschreibt die Fastnacht, die Nacht vor dem Beginn der Fastenzeit am Aschermittwoch. Für gläubige Christen ist der Karneval bis heute das Symbol für den Beginn der 40-tägigen Fastenzeit vor dem Osterfest. Seit dem 13. Jahrhundert erstreckt sich die Hochzeit im Karneval auf den Zeitraum von Weiberfastnacht bis zum Faschingsdienstag oder Veilchendienstag.
In der Karnevalsgeschichte stammt die Tradition der Büttenreden aus dem 19.Jahrhundert, als die französischen Besatzer den Menschen westlich des Rheins politische Aktionen untersagten. Deshalb trafen sich die Rheinländer zu heimlichen Versammlungen, um sich trotzdem kritisch und humorvoll über politische Entwicklungen auszutauschen. Dieser Brauch im Fasching hat sich bis heute etabliert – wer in die Bütt klettert, darf über Alles und Jedes schimpfen. Auch die Gardeuniformen stammen aus dieser Zeit.
Der Beginn vom Karneval am 11.11. um 11:11 Uhr kommt ebenfalls aus dem 19. Jahrhundert. Die Narrenzahl Elf eignete sich besonders, da zu damaliger Zeit jeder als Narr bezeichnet wurde, der Gottes Zehn Gebote übertrat. Auch der Elfer-Rat, das Organisationskomitee in zahlreichen Karnevalsvereinen, steht in Verbindung mit der Zahl Elf.
Die Idee des Rosenmontags-Umzugs stammt aus Köln. Der seit 1823 veranstaltete „Zoch“ ist der älteste der großen deutschen Rosenmontagszüge. Die Stadtväter versuchten auf diese Weise, das wilde Treiben in geordnete Bahnen zu lenken. Ob sie damit Erfolg hatten, sei dahin gestellt. Auf jeden Fall haben kurz darauf auch andere Städte wie Düsseldorf und Mainz damit begonnen, Karnevalsvereine zu gründen und Rosenmontagszüge zu veranstalten.
Offenbar ging es auch Mitte des 19. Jahrhunderts in Uersfeld bereits hoch her wie einem Bericht von Udo Bürger in seinem Buch "Mord aus Melancholie" zu entnehmen ist. Danach fand am 4. März 1851, an einem Karnevalsdienstag, bereits karnevalistisches Treiben und ein Karnevalsumzug in Uersfeld statt.
Aber lesen sie selbst den Ausschnitt aus dem Buch von Udo Bürger . . . (Textvergrößerung beim klick auf die Seite).
Unter preußischer Verwaltung war die Gemeinde Uersfeld dem Kreis Adenau zugeordnet und wurde von der Bürgermeisterei Kelberg unter Bürgermeister Falkenbach verwaltet. Der Ort zählte um diese Zeit rund 260 Einwohner (heute rd. 700 EW).
In dem Buch werden Kriminalfälle und Delikte aus der Eifel von 1675 bis 1898 geschildert. Fern von theoretischen Erörterungen liegt der Schwerpunkt des Buches auf den einzelnen Fällen, die dem Leser zeigen, was eventuell auch in seinem eigenen Heimatort so alles passiert ist. Als Quellen dienten im Wesentlichen Archivmaterialien aus den einschlägigen Archiven in Koblenz, Düsseldorf, Köln, Aachen, Wertheim und Berlin, aber auch die damalige Presse.
Den gesamten Bericht "Die Uersfelder und ihre moralische Verwahrlosung" findet man unter > Fotogalerien
Die Anfänge in der Neuzeit
1948 - 1952
Uersfeld erlebte seine ersten karnevalistischen Höhepunkte der Neuzeit in den Jahren 1948 bis
1952.
Die Karnevalisten des Dorfes trafen sich damals vor Beginn der närrischen Zeit in einem der Wirtshäuser, um über den Ablauf der närrischen Session zu beraten und zu planen. Es stand damals kein
Karnevalsverein oder Karnevalsvereinsring dahinter, sondern jeder, der quasi "Spass an der Freud" hatte, machte mit. Aus den Reihen des Narrenvolkes wurde ein Präsident gewählt, dem u.a. die Aufgabe
zufiel, Episoden, Geschichten und Geschehnisse aus dem dörflichen Leben der damaligen Zeit in einer lustig-ironischen Jahreschronik, der sogenannten "Bierzeitung" zusammenzufassen, die damals als
Höhepunkt des Karnevalsumzuges in der Dorfmitte verlesen wurde.
Die karnevalistische Herrschaft hatte in diesen tollen Tagen ein Prinzenpaar, dem mit Hoffnarr, Zeremonienmeister und Funkenmariechen sogar ein ganzer Hofstaat zugeordnet war.
Einer der Präsidenten war z.B. Willi Pitzen.
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Als Prinz regierte u.a. Heinrich Klasen ("Koster Heinrich") mit der Prinzessin Martha Gorges ("Chreste Martha") und den Hofdamen Anneliese Karst und Hildegard Jax.
In einem anderen Jahr wurde das Prinzenpaar gestellt von Franz Mindermann ("Modelline Franz") und Klara Klasen ("Schamattes Klara") mit den Hofdamen Marianne Kleinholz ("Hoff Marianne") und Agnes Glöckner ("Morschritjes Agnes"); als Hofnarr agierte Johann Schüller ("Beckermattes Hennes").
Natürlich fanden auch Kappensitzungen statt, die zunächst im Sälchen des Gasthauses Lanser (heutige "Dorfschänke"/Latta) und später im Saalbau Hermann Karst, dem jetzigen "Bürgersaal", abgehalten wurden. Ohne mit der modernen Mikrofontechnik von heute ausgestattet zu sein, rissen auch damals bereits "Büttenkanonen" wie z.B. Josef Lanser ("Klässjes Juppes") mit seinem unvergessenen Vortrag "Ich brauch eine Frau" die Leute von den Sitzen.
Aber auch die Karnevalsumzüge hatten bereits ein beachtenswertes Niveau. Hier ein paar
"Momentaufnahmen" von Motivwagen und Gruppen wie beispielsweise:
"Freier Buttermarkt" (mit Elly Oster, "Hoff" Gret (Jax), "Schämisse" Adele (Klasen) und "Pesch" Agnes (Mindermann), "Silberpfeil" (mit Alois Junk) und die Gruppe "Kriegsveteranen der Roten Armee"
(mit "Braus" Karl-Heinz (Rademacher), "Koadels" Jippes (Junk), "Schnejder" Erich (Junk), "Braus" Herbert (Göbel) und rechts daneben: Gerhard Göbel; weiter unten links: Der Elferrat, daneben Magdalena
Karst (Bolle Lien) und Fuhrmann Peter Karst (Jonta), der Prinzenwagen mit Fuhrmann Stefan Josef Lanser und Umzug 1951 mit Bernhard und Veronika Schend (Edi Schend auf dem Pferd).
Und dann gab es auch noch folgende Geschichte . . .
Leider kehrte in den nachfolgenden Jahren eine Zeit der Ruhe im Uersfelder Sitzungskarneval und bei den Umzügen ein. Welche Gründe
hierfür letztendlich ausschlaggebend waren, läßt sich heute nicht mehr nachvollziehen.
Der Karneval wurde in der weiteren Zeitfolge in begrenztem Rahmen in Form von Maskenbällen und Tanzveranstaltungen, zuerst vom Saaleigentümer Hermann Karst und später vom Sportverein bzw. der
Alt-Herren-Fussballmannschaft fortgeführt. Vergessen darf man natürlich nicht die UERSFELDER MÖHNEN, die sich "ihren Weiberdonnerstag" nicht nehmen ließen und im jährlichen Wechsel die Uersfelder
Gaststätten zu ihrer "Narrhalla" machten, wobei es ihnen im Jahr 1963 sogar gelang, mit dem noch relativ jungen Musikverein "Harmonie" Uersfeld einen Umzug durchzuführen.